Tool des Monats: Jitsi

Videokonferenz-Tools sind derzeit so alltagsrelevant wie noch nie. In allen Lebensbereichen – beruflich, schulisch und privat – werden Möglichkeiten gesucht, Meetings abzuhalten, Fernunterricht zu realisieren oder den Kontakt zu Familie und Freund*innen zu halten, ohne sich persönlich gegenüberzustehen. Es gibt eine Vielzahl an Tools, die hierfür verwendet werden können. In unserem Beitrag stellen wir Jitsi genauer vor. Außerdem zeigen wir verschiedene Möglichkeiten auf, um eine Jitsi-Konferenz mit einfachen Anwendungen kollaborativ und aktivierend zu gestalten.

Wie funktioniert Jitsi?

  1. Einen Konferenzraum bzw. Server auswählen: Wer eine Videokonferenz mit Jitsi eröffnen möchte, kann entweder über die ofizielle Hauptseite https://meet.jit.si/ einen Konferenzraum anlegen oder direkt vom Zufalls-Tool Gebrauch machen und sich automatisch einem wenig ausgelasteten Server zuordnen lassen. Die Seiten, auf die man dann weitergeleitet wird, haben meist völlig andere Bezeichnungen (fairmeeting.net, https://meet.systemli.org/), bieten aber dasselbe Interface und dieselben Funktionen, da sie auf die Software des Open-Source-Tools zurückgreifen. Anmerkung zum verwendeten Browser: Ob Jitsi reibungslos läuft, scheint auch vom verwendeten Browser abhängig zu sein. Es wird der Browser Google Chrome empfohlen, in einem Test hat [D-3] aber auch mit Firefox ohne Probleme einen Videokonferenzraum einrichten können.
  2. Einen Namen für die Konferenz festlegen:  Damit wird gleichzeitig der Einladungslink generiert, über den die Teilnehmer*innen dem Chatraum beitreten können. Es ist keine weitere Dateneingabe erforderlich. Bei Bedarf kann ein Passwort festgelegt werden, das den Zutritt zur Konferenz beschränkt. 
  3. Mit der Oberfläche und den Funktionen vertraut machen: Nachdem man den Konferenzraum eröffnet hat, befindet man sich allein im Chat und kann sich zunächst mit den Grundeinstellungen vertraut machen. 
Screenshot von einer VIdeokonferenz mit Jitsi
(Bildquelle: [D-3]. Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Im linken unteren Bildbereich sind drei Buttons zu finden, die während einer Videokonferenz zur Interaktion oder Visualisierung genutzt werden können: Bildschirm teilen (bzw. können auch nur einzelne Bereiche ausgewählt werden wie z.B. ein offener Tab), Redebedarf melden (Hand heben) und Chatraum öffnen. 

Mittig platziert sind die Buttons, die zum Inventar jedes Videokonferenz-Tools gehören: Mikrofon an- bzw. ausschalten (“muten”), Gespräch beenden und Videoübertragung starten bzw. beenden. 

In diesem Beispiel ist die Kachelansicht ausgewählt, sodass man eine Übersicht mit allen aktiven Gesprächsteilnehmer*innen erhält (im Beispiel haben alle ihre Videoübertragung abgeschaltet). Die Alternative zur Kachelansicht ist ein Modus, der immer nur den- bzw. diejenige auf dem Bildschirm erscheinen lässt, der/die spricht.

Die drei Punkte unten rechts führen zu einem erweiterten Einstellungsmenü, weshalb diesen Funktionen ein eigener Abschnitt gewidmet wird. 

In dem Einstellungsmenü lassen sich Parameter wie Name und Sprache festlegen sowie Quelle und Qualität von Audio- und Videoeingabegeräten überprüfen. Die Funktion, Sprecher-Statistiken anzuzeigen, könnte hilfreich sein, um die Interaktivität einer Videokonferenz im Nachhinein zu beurteilen. (Bildquelle: [D-3]. Lizenz: CC BY-SA 4.0)
Die Information über die verschiedenen Tastenkürzel kann auch jederzeit mit der Eingabe eines Fragezeichens “?” aufgerufen werden. (Bildquelle: [D-3]. Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Bevor zum ersten Mal mit Jitsi gearbeitet wird, empfehlen wir, allen Teilnehmer*innen eine kurze Anleitung sowie ausreichend Zeit zum Austesten der Funktionen zu geben. Tipps sind mittlerweile zahlreich im Netz zu finden, beispielsweise in Form einer Checkliste konkret für Schüler*innen, zusammengestellt von Bob Blume, ergänzt um diese anschauliche Grafik von Pascal Schiebenes.

Der Link zum Artikel von Bob Blume ist am Ende des Beitrags zu finden.

Regeln für Videokonferenzen von Pascal Schiebenes

Unter der Überschrift „Vorbereitung“

In diesem Teil der Grafik ist ein Pfad für die „Regeln für Videokonferenzen“ aufgezeichnet. An einem Knotenpunkt gibt es eine Frage und zwei Pfade, die entweder mit der Antwort „Ja“ oder „Nein“ weiterführen.

  1. Ist dein Handy/Tablet/Computer bereit?
    Nein: Lade dir die entsprechende App herunter oder starte sie über die Browser und logge dich ein.
    Ja: zur nächsten Frage
  2. Funktioniert die Teilnahme?
    Nein: Probiere einen anderen Browser aus und informiere einen anderen Teilnehmer.
    Ja: Zur nächsten Frage
  3. Kannst du ungestört arbeiten?
    Nein: Suche dir einen Ort, an dem du in Ruhe arbeiten kannst. Spreche dich mit deiner Familie ab.
    Ja: Zur nächsten Frage
  4. Hast du einen praktischen Arbeitsplatz?
    Nein: Wähle deinen Arbeitsplatz so, dass du gute Lichtverhältnisse hast. Zudem solltest du dort auch für längere Zeit bequem sitzen können. Außerdem solltest du dein Arbeitsmaterial gesichtet haben.
    Ja: Zur „Durchführung“

Durchführung

  • Loggt euch in die Konferenz ein, sobald ihr einen Zugangslink bekomme habt.
  • Checkt, ob man euch hören und/oder sehen kann.
  • Orientiert euch in dem Programm. Schaut, wo man den Ton und das an und aus machen kann.
  • Bleibt so lange ruhig, bis ihr hört, wie nun vorgegangen wird. Schaltet am besten das Mikrofon zunächst auf Stumm.
  • Teilt nur euren Bildschirm oder andere Seiten nur, wenn dies verlangt wird.
  • Stellt eure Fragen zunächst am besten im CHatfenster. So wird vermieden, dass alle gleichzeitig reden.
  • Trau euch aber zu reden, wenn ihr etwas gefragt werdet. Es ist zunächst etwas komisch, aber man gewöhnt sich nach und nach daran.
  • Hervorgehoben: Nehmt keinen Ton und kein Audio auf! Dies kann zu rechtlichen Problemen führen! Behandelt andere mit Respekt!

Nach der Konferenz

  • Hervorgehoben: Beendet das Programm richtig.
  • Überlegt ob alles gut gelaufen ist und was möglicherweise verbessert werden kann.
  • Überprüft Notizen und mögliche Aufgaben.

Weitere Funktionen und Hinweise zur Arbeit mit Jitsi

Die Oberfläche von Jitsi ist einfach gehalten, sodass man sich als Nutzer*in schnell in die Grundfunktionen einfindet. Von Vorteil ist, dass noch vor dem Start der Konferenz ein Großteil der Einstellungen ausprobiert und festlegt werden kann. Weitere Fragen, die für die Durchführung einer Videokonferenz mit Jitsi relevant sind, haben wir im Folgenden kurz zusammengestellt und beantwortet: 

Wie viele Personen können gleichzeitig an einer Videokonferenz teilnehmen?

Die mögliche Personenanzahl variiert je nach Serverkapazität und -auslastung. Für den Schul- oder Hochschulkontext mit max. 30 Personen dürfte die Kapazitätsgrenze jedenfalls nicht erreicht werden, denn einige Seiten sprechen von 50 bis 200 möglichen Konferenzteilnehmer*innen.

Wie kann der Kommunikationsprozess auch in größeren Gruppen organisiert werden?

Je mehr Personen an einer Videokonferenz teilnehmen, desto herausfordernder ist es, die Kommunikation untereinander zu organisieren. Hilfreich dabei sind Kommunikationsregeln, die im Vorfeld der Videokonferenz festgelegt werden sollten. Dafür können die Nutzer*innen bei Jitsi auf zwei Funktionen zurückgreifen: Erstens das bereits erwähnte Handzeichen im unteren linken Bildbereich, mit dem die Teilnehmer*innen Redebedarf signalisieren können und zweitens die Funktion “stummschalten”. Die Stummschalten-Funktion ist vor allem dann hilfreich, wenn störende Hintergrundgeräusche vermieden werden sollen. Ratsamer wäre aber, wenn alle Teilnehmer*innen selbst auf ihre Mikrofonnutzung achten und es nur anschalten, wenn sie sprechen wollen. Das Ein- bzw. Ausschalten der Videoübertragung kann ebenfalls genutzt werden, Redebedarf zu signalisieren. Eine Herausforderung ist dabei das Einhalten der Reihenfolge, sobald sich mehrere Personen melden – nicht anders als im Klassenzimmer oder Seminarraum also 😉 Im Videochat kommt aber erschwerend hinzu, dass schnelle oder spontane Sprecherwechsel zu Geräuschüberlagerungen führen können und das Gesagte völlig unverständlich wird. Im Beitrag „Ad hoc digital Lehren und Lernen: Planung eines „kontaktlosen“ Seminars, Teil II“ wird außerdem noch die Redelisten-Methode vorgestellt, um die Kommunikation und Diskussion in Videokonferenzen zu organisieren.

Wie gut ist die Qualität der Videokonferenzen?

Hier sei nochmal an die Schnittstelle jitsi.random-redirect.de erinnert, über die man automatisch einem wenig ausgelasteten Server zugeordnet wird. Während einer Videkonferenz  ist die Übertragungsqualität an einer kleinen Balkenanzeige auf dem Videoausschnitt jedes Teilnehmers bzw. jeder Teilnehmerin ablesbar. Folgende Maßnahmen können bei einer niedrigen Verbindungsqualität helfen: 

  • Audio- oder Bildübertragung abschalten 
  • Videoqualität manuell regeln (Einstellungen > Qualitätseinstellungen)
(Bildquelle: [D-3]. Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Einsatzmöglichkeiten im (Fern-) Unterricht und der digitalen Lehre

Die synchrone Zusammenarbeit in Videokonferenzen kann dabei helfen, die soziale Interaktion unter den Lernenden zu erhöhen. Sie wirkt dem Gefühl entgegen, als “Einzelkämpfer*in” im Fernunterricht unterwegs zu sein. Für Lernende, denen es ggf. schwer fällt einen Arbeitsrhythmus zu finden, kann der feste Termin hilfreich sein, um geeignete Zeitstrukturen im Alltag zu entwickeln. Damit das Arbeiten mit Videokonferenzen in der digitalen Lehre gelingt, müssen allerdings einige Faktoren im Vorfeld bedacht werden.

Rahmenbedingungen für den Einsatz

Hinsichtlich der Rahmenbedingungen sind zum einen die didaktisch-methodischen Entscheidungen und zum anderen die technischen Voraussetzungen zu bedenken. Mögliche methodische Fragen, die die Lehrperson sich im Vorfeld stellen muss, sind bspw.:

  • Welches Ziel wird mit dem virtuellen Zusammenkommen verfolgt?
  • Wie können bei mehreren Terminen diese sinnvoll aufeinander aufbauen und verknüpft werden?
  • Welche Aufgaben fördern eine Progression innerhalb der verschiedenen Treffen?

Auf der technischen Seite sind u.a. folgende Fragen für die Planung relevant:

  • Welche Endgeräte kommen für die Lernenden infrage? 
  • Haben alle zum vorgegebenen Termin Zugriff auf ein geeignetes Endgerät? 
  • Verfügen alle Teilnehmer*innen über eine ausreichend stabile Internetverbindung für eine Videokonferenz?

Der Beitrag Ad hoc digital Lehren und Lernen: Seminargestaltung für ein ungewisses Sommersemester geht auf weitere kritische Punkte einer solchen synchronen Arbeitsweise ein und stellt vor, wie eine ausgewogene Balance zwischen Präsenzlehre per Onlinekonferenz und selbstorganisiertem Arbeiten zwischen den digitalen Treffen gelingen kann.

Wie wird Interaktion möglich – auch in Gruppen mit mehr als zehn Personen? 

In Gesprächen per Video gelingt Interaktion dadurch, dass die Teilnehmer*innen miteinander sprechen können und dabei nicht auf Mimik und Gestik verzichten müssen. Zehn Personen können vielleicht gerade noch so interagieren, dass jede*r zu Wort kommt und auf alle eingehen kann, doch ab einer gewissen Personenzahl wird sich der Sprechanteil kaum noch gleichmäßig verteilen lassen. Selbst der Austausch im Chatraum wird zu unübersichtlich.

Deshalb bietet es sich an, mehrere Gruppenräume einzurichten und bestimmte Phasen des Erarbeitungs- oder Reflexionsprozesses in Kleingruppen auszulagern. Die Links zu den einzelnen Gruppenräumen können beispielsweise direkt im Chat für alle eingestellt werden. Nach der Gruppenphase finden sich alle Teilnehmenden wieder im “Plenumsraum” ein und tragen ihre Gedanken und Ergebnisse zusammen.

Abschließend stellt die folgende Liste einige methodische Überlegungen zusammen und verweist auf Tools, die den Austausch sinnvoll ergänzen und um interaktive Formate bereichern.

Fazit

Jitsi ist in der großen Menge unterschiedlicher Videokonferenzsoftware nicht ohne Grund ein viel beachteter und beliebter Vertreter: Das Tool ist leicht zu bedienen und es hat hohe Datenschutzstandards, womit es besonders im Bildungskontext punktet. Jitsi erlaubt den Nutzer*innen eine situationsgemäße Anpassung der Einstellungen und hilft damit, den Kommunikationsprozess im virtuellen Raum zu strukturieren.

Weiterführende Informationen zur Arbeit mit Jitsi:

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