Der Stimmcheck für Lehramtsstudierende – ein Erfahrungsbericht

Wie gut kennst du deine Stimme? Du benutzt sie jeden Tag und könntest jetzt bestimmt einige spontane Aussagen darüber treffen, welche Eigenheiten du beim Sprechen hast oder wie deine Singstimme klingt. Aber hast du dich auch schon einmal tiefer mit einem deiner wichtigsten Kommunikationswerkzeuge beschäftigt? Weißt du zum Beispiel, ob du deine Stimme angemessen benutzt – oder was das überhaupt bedeutet? Julia, wissenschaftliche Hilfskraft bei [D-3], ist diesen Fragen auf den Grund gegangen und berichtet hier über ihre Erfahrungen mit dem kostenlosen Stimmcheck der Uni Halle.

Während meines Studiums habe ich mir offen gestanden nur wenig Gedanken darüber gemacht, was ein Sprechberuf, wie es die Lehrtätigkeit ist, für Besonderheiten hat und worauf diesbezüglich zu achten ist. Doch als das Ende meines Studiums näher rückte, wurden meine Antennen für nützliche Angebote der Universität sensibler. Ich vereinbarte einen Termin für meinen Stimmcheck über Stud.IP und fand mich am 27. August in der 1. Etage des Zentrum für Lehrer*innenbildung (ZLB) in der Dachritzstraße ein – ganz gespannt darauf, was mich dort erwartet und welche Geheimnisse ich über meine Stimme enthüllen werde.

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Erste Phase: Kennenlernen

Mein Stimmcheck wird von Dr. Friderike Lange durchgeführt, die neben Maria Luise Gebauer Teil des LSQ Moduls “Kommunikation” ist und damit auch die Stimmchecks betreut. Unser Gespräch beginnt mit einem kleinen Fragebogen. Die ersten Fragen betreffen die Beschaffenheit, Nutzungsintensität und Belastbarkeit meiner Stimme. So kann sich Frau Dr. Lange einen Eindruck meiner Sprechgewohnheiten verschaffen und bereits erste Anzeichen für stimmliche Auffälligkeiten Belastungssituationen wahrnehmen:

Wie geht es dir, wenn du den ganzen Tag viel gesprochen hast? Gibt es Situationen, in denen dir die Stimme versagt?

In der individuellen Beratung habt ihr die Gelegenheit, offen über jegliche Auffälligkeiten, die bereits bestehen oder einmal bestanden haben zu sprechen. Mir ist positiv aufgefallen, dass ich meine Erwartungen an den Stimmcheck mitteilen konnte und damit Punkte festgelegt habe, auf die besonders geachtet wurde. 

Am Ende dieses Einstiegsgesprächs werden noch einige Fragen dazu gestellt, wie andere meine Stimme einschätzen würden. Spontan antworte ich: “Laut, klar und verhältnismäßig tief für eine Frauenstimme.” Dass diese subjektiven Einschätzungen jedoch nur zum Teil zutreffen, habe ich bei der darauffolgenden Stimmfeldmessung erfahren.

Die Messung

Ein Ergebnis der Stimmfeldmessung war nämlich, dass meine Alltagssprechstimme keineswegs überdurchschnittlich tief ist, sondern genau im Durchschnitt der Vergleichswerte anderer Frauenstimmen liegt. Neben dieser Entdeckung habe ich noch viele weitere Dinge über meine Stimme gelernt, zum Beispiel welchen Umfang sie hat, wie hoch bzw. tief meine stimmlichen Leistungsgrenzen liegen und schließlich wie viele Sekunden meine maximale Tonhaltedauer beträgt. 

Der Stimmcheck bietet eine umfangreiche “Vermessung” der eigenen Stimme. Die verwendete Software zur Stimmaufnahme ermöglicht es Daten zu generieren, mit deren Hilfe die Sprechwissenschaftler*innen des ZLB über die rein auditive Beurteilung eurer Stimme hinausgehen können und dank Standardisierung der Messwerte eure Stimme objektiv einschätzen können. Ein kleiner Tipp von mir: Habt keine Scheu vor den Messungen im hohen Lautstärkebereich! Hier ist es wichtig, dass ihr eure Stimme an die Leistungsgrenze bringt, also traut euch auch mal zu schreien! 

Es wäre doch schade, wenn dann der ermittelte Stimmumfang nicht der Realität entspricht und eigentlich noch viel mehr in euch steckt. Gleiches gilt für die Sänger*innen unter euch – versucht ab einer gewissen Tonhöhe oder -tiefe nicht mehr so viel Wert auf den Klang zu legen. Es darf gerne auch schief, brummig, quiekend klingen – denn auch das ist eure Stimme und auch diese Töne gehören zu eurem Stimmfeld dazu und sollten gemessen werden.

Tipps für die Praxis

Nach der Messung folgt das Auswertungsgespräch, bei dem euch alle Werte erklärt werden. Darauf aufbauend erhaltet ihr praktische Hinweise, um die ein oder andere Schwachstelle oder suboptimale „Stimmnutzungsstrategie” zu korrigieren. Ich habe zum Beispiel mitgenommen, dass ich beim lauteren Sprechen darauf achten sollte, nicht gleichzeitig die Tonhöhe zu ändern. Mir wird erklärt, dass die wenigsten ohne gezieltes Training eine so bewusste Verbindung zu ihrer Stimme haben, dass sie sie gezielt regulieren könnten. So scheitere auch ich bei den ersten Versuchen, den erhaltenen Tipp direkt umzusetzen. Dafür gibt es aber zum Glück jede Menge Begleitmaterial zum selbstständigen Weiterüben.

Online-Kurs Körper-Stimme-Haltung

 Im Stimmcheck wird mehrfach auf den Online-Kurs des ZLB Projekts “Körper-Stimme-Haltung” verwiesen. Diese Tipps zum Stimmtraining muss man sich nach der ganzen Informationsflut der Messwerte also nicht bis ins Detail merken, denn zum Üben und Vertiefen kann der Online-Kurs unter https://koerperstimmehaltung.zlb.uni-halle.de/ genutzt werden. Er enthält beispielsweise ein “Stimm-Workout” oder auch mehrere Übungen zur Atmung. Der Kurs ist auf die Bedarfe angehender Lehrkräfte zugeschnitten und verpackt die Inhalte anschaulich in schulische Handlungsszenarien. Eines davon widmet sich beispielsweise dem Problem Lampenfieber. Dank der kreativen und witzigen Filmideen des Projektteams kommt der Spaß beim Ansehen der Videos nicht zu kurz. Hier ein kleiner Einblick in das Erklärvideo zur Stimme:

Wie geht es nach dem Stimmcheck weiter?

Der Stimmcheck dauert ungefähr 60 Minuten und ersetzt deshalb natürlich keine intensive und abgestimmte Beratung, geschweige denn ein professionelles Stimmtraining. Besonders wenn sich auf Basis der Messwerte und in Verbindung mit dem fachlichen Urteil ein Defizit eurer Stimme andeutet, erhaltet ihr Informationen und mögliche Lösungsansätze, die auch eine weitere medizinische Untersuchung beim HNO-Arzt enthalten können. Eure Ergebnisse werden selbstverständlich vertraulich behandelt, sie beeinflussen euer Studium nicht. Wichtig: Ein Stimmcheck ersetzt nicht das phoniatrische Gutachten, das in manchen Bundesländern (so auch in Sachsen-Anhalt) zur Verbeamtung im Lehrberuf verlangt wird (in manchen Unis es sogar Voraussetzung für das Lehramtsstudium).

Fazit

Ich bin froh, den Stimmcheck gemacht zu haben, denn belohnt wurde ich mit einer gezielten und persönlichen Beratung und jede Menge neuem Wissen. Ich habe zum Beispiel erfahren, dass ich einen recht großen Stimmumfang habe und ich, wenn auch nur mühselig quiekend, das sagenumwobene hohe C erreiche.  Solche Fun Facts sind ganz nett, aber der Stimmcheck kann noch mehr: Er schult eure Wahrnehmung für eines eurer wichtigsten Kommunikationsorgane. Er eröffnet euch Perspektiven auf Übungsfelder, die euch fit machen für einen stimmstarken und vor allem gesunden Alltag im Sprechberuf Lehrer*in. Die Übungen aus dem Online-Kurs kann ich im Schulalltag oder unterwegs gut ausprobieren.

Ich lege euch den kostenlosen Stimmcheck wirklich ans Herz! Mehr Details findet ihr auf der Seite des ZLB, konkrete Fragen stellt ihr am besten in einer Mail an stimmcheck@zlb.uni-halle.de .

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