Ad hoc digital Lehren und Lernen: Das Runde muss in das Eckige

„Interkulturelle deutschsprachige Literatur im DU“ als digitales Seminar,
Teil 1

#DigitalesSommersemester2020: Präsenzlehre vs. E-Learning

In ‚analoger‘ Perspektive ließe sich die Lehrveranstaltung „Interkulturelle deutschsprachige Literatur im DU“ am ehesten als ein – ‚klassisches‘ – Lektüreseminar mit hohem fachdidaktischen Übungsanteil beschreiben. Das Seminar ist wissens-, anwendungs- und reflexionsorientiert und besteht dazu aus Phasen des Erarbeitens/Diskutierens, Entwerfens/Erprobens und deren Reflexion beim Erarbeiten eines E-Portfolios.

Das Seminar war ‚analog‘ geplant. Die Lehrvorbereitung nun ad hoc digital umzugestalten heißt für mich, weder eins zu eins ins Digitale bringen zu wollen, was ich mit den Studierenden sonst analog und face to face während der Sitzungen in Präsenz erarbeiten würde, noch heißt es, allein mit E-Learning auf rein asynchrone Weise zu arbeiten und auf die Vorzüge interaktiven Austauschs zu verzichten. 

Denn auf der einen Seite finde ich wöchentliche Sitzungstermine aufrecht zu erhalten für mindestens zweifach hilfreich: Sie erleichtern es den Lernenden, die als Lerngruppe untereinander ebenso wie mit mir in nicht nur virtuelle Bekanntschaft, sondern in ‚echte‘, d.h. nicht allein schreib-, sondern laut- und körpersprachliche Kommunikation treten sollen können, Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit aufzubauen. Sie erlauben mir als Lehrende, die mit der für die Lernenden gewohnten Zeitstruktur klare Deadlines für Seminaraufgaben setzen kann, die sukzessive Progression von Lernzielen im Seminar zu begleiten und dadurch auch differenziert sichern zu können. 

Auf der anderen Seite aber lässt sich eine digitale Imitation von Präsenzseminaren mit 90-minütigen Videokonferenzen meinerseits technisch nicht reibungslos garantieren, und sie drohte auch diejenigen Studierenden auszuschließen, die ihrerseits technisch, persönlich oder familiär verhindert sind, daran teilzunehmen.

Beide Pole von asynchronem und synchronem Lehr-Lernen verbindet dagegen das Konzept des Blended Learning, das asynchrone Selbstlern- und Erarbeitungsphasen (E-Learning) mit synchronem, nun digital zu gestaltendem Austausch (in Präsenz) kombiniert. Demzufolge strukturieren sich lernorganisatorische und Lehr-Lernaktivitäten nach Aufgaben, die für mich als Dozentin und/oder für die Studierenden vor und nach oder während der Sitzungstermine anfallen.

#DigitalChallenge: Lehr-Lernvielfalt

Das Seminar war konventionell mit Seminarlektüren, Diskussionen, kleineren Studienleistungen und Arbeitsaufträgen, Unterrichtsentwürfen, Lehr-Lernübungen inkl. Inputphasen von Studierenden mit Peer-Feedback geplant. Modulleistung ist (nach wie vor) ein E-Portfolio.

Die Vielfalt verschiedener Arbeitsformate und Sozialformen bietet eine nicht nur in motivationaler Hinsicht beachtliche Abwechslung; sie erlaubt es darüber hinaus, Seminarinhalte und -methoden den unterschiedlichen (Teil-)Lernzielen und nötigen Differenzierungen gemäß zu gestalten. Von dieser Überzeugung ausgehend, will ich diese Vielfalt beim Wechsel auf Online-Lehre nicht aufgeben. Wie sie nun aber digital umgesetzt werden kann, darin besteht die Herausforderung, die, um bestanden werden zu können, nicht überfordern darf (so die Erwartungen und Befürchtungen, die lt. Umfragen z.B. von Konstanze Marx Studierende und Dozierende hegen). Auch deshalb sprechen Leitlinien wie die von Andrea Geier sich dafür aus, dass wiedererkennbare Ähnlichkeiten mit bekannten Methoden nicht vermieden werden sollten, obgleich sich simple Analogien zwischen analogen und digitalen Formaten verbieten.

Digital Lernen (Bildquelle: [D-3]. Lizenz: CC BY-SA 4.0)

#DigitaleLehre: Lehr-Lernmethoden

Bevor ich in einer späteren Fortsetzung beschreibe, wie ich einzelne Sitzung nun online ‚anders‘ umsetze und welche Methoden und Medien sich digital wie ‚wandeln‘, beginne ich hier mit einer Gesamtschau der von mir digital geplanten Methoden und Medien:

Umfangreichere Seminarlektüren strukturiere ich durch Arbeitsaufträge zu einzelnen Text(abschnitt)en, die kleingruppenweise in einem Wiki, auf das alle TN zugreifen, bearbeitet werden. Auf diese Weise erarbeiten sich die TN eine Art Nachschlagewerk zu den wiss. Grundlagen aus der Sekundärliteratur.

Um in einem Literaturseminar stärkeren Austausch und Diskussionen über die gelesenen literarischen Primärtexte zu fördern, überlege ich, Blogs oder Foren anzulegen, ggf. mehrere parallele Blogs, um TN in kleineren Gruppengrößen zueinander zu bringen. Wie ich die TN indes aktivieren kann, diese Blogs oder Foren auch regelmäßig zu führen und zu nutzen, ist für mich eine offene Frage. Möglicherweise bieten sich handlungs- und produktionsorientierte schreibdidaktische Aufgaben an, die im gemeinsamen Schreiben von Fortsetzungen, alternativen Erzählenden oder Figurenperspektiven das Wissen über bspw. Plot und Figurenkonstellationen nicht schlicht abfragen, sondern kreativ umwandeln lassen. 

Alternativ dazu würde zur studentischen Lektüredokumentation ein Lesetagebuch oder ein persönlicher Leseblog genügen, ggf. als Teil des E-Portfolios. Für Lektürestandskontrollen von Sachtexten sind Quiz und Tests geeignet.

Ihre Übungsaufgaben können Studierende mir im LMS der Uni digital ‘abgeben’. Mit der dazugehörigen Feedback-Funktion kann die jeweilige Arbeit entweder von anderen, dazu eingeladenen Studierenden oder von mir kommentiert und ggf. bewertet werden.

Diskussionen werde ich teilweise in Videokonferenzen bzw. Webinaren initiieren, großteils aber in (Gruppen-)Chats und thematisch unterteilten Foren durchführen, die ich moderiere und ggf. kommentiere oder die ich, wenn es mehrere parallele Foren gibt, jeweils eine/n der Teilnehmenden zu moderieren und zusammenzufassen beauftrage. Videokonferenzen dienen vor allem als Strukturgeber für sozialen und interaktiven Austausch sowie als Plattform für das Zusammenführen und Auswerten der Arbeiten, Ergebnisse und Fragen der Studierenden.

Präsentationen von Studierenden wie Dozierenden sind Audios, Videos, Screencasts oder multimediale Lernmodule, die auf die gemeinsame Uni-Lernplattform vorab eingestellt oder dort verlinkt werden. Die Studierenden arbeiten diese Inputs vor den virtuellen ‚Treffen‘ zu den Sitzungsterminen durch. (Inwieweit das Material vorab rezipiert wurde, kann mit digitalen Umfragetools zu Beginn der Sitzungen erfragt werden.)

Mit Feedback-Tools hole ich mir wiederholt Auskunft über technische u.a. Probleme der Teilnehmenden. Die Umfragen können in die virtuellen Sitzungen eingebettet werden oder mit regelmäßigen Terminsetzungen zur Abstimmung auf die Lernplattform gestellt werden. Vor der ersten Seminarsitzung steht eine Abfrage technischer Grundvoraussetzungen an alle Teilnehmenden. Ich gehe aber zuversichtlich davon aus, dass Studierende mit konkreten Einzelproblemen sich (wie immer) direkt an mich wenden werden. Denn darüber hinaus sind E-Sprechstunden zu festen Kontaktzeiten via Telefon, Videochats oder E-Mail auch digital selbstverständlich.

Mit diesen Elementen, die methodische Vielfalt, Abwechslung und technische Alternativen bieten, lässt sich eine Seminarstruktur aufbauen, die durch ein ganz sicher spannendes, digitales Sommersemester führt. Nach diesen eher allgemeinen Überlegungen folgt die Planung einzelner Sitzungen (samt Vor-/Nachbereitung und Durchführung) als Fortsetzung(en).

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