VVViVisualisierungen sind ein wirksames Mittel, um Lerner*innen beim Erwerb einer Fremd- oder Zweitsprache zu unterstützen. Sie ermöglichen es, bestimmte Sachverhalte über vorhandene sprachliche Barrieren hinaus zu vermitteln. Im Seminar „BILDung visuell“ für das Lehramt „Deutsch als Zweitsprache“ lernten wir, solche Visualisierungen zu gestalten, auf die Lerner*innen und deren Lernprozesse abzustimmen und bereits vorhandene Visualisierungen in Lehrwerken o. Ä. unter die Lupe zu nehmen. Das Seminar wurde in diesem Semester bereits zum dritten Mal von Caroline Gawlik in Kooperation mit [D-3] und dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung durchgeführt.
Im Wintersemester 2019/ 2020 habe ich selbst am Seminar teilgenommen und unterstütze die Dozierenden seitdem bei der Seminargestaltung, wodurch ich auch schon einen kleinen Einblick in die Lehrendenperspektive erhalten konnte. In diesem Sommersemester konnte der Kurs aufgrund der Corona-Pandemie leider nur als Online-Seminar angeboten werden. Die grundlegende Struktur des Seminars, die im folgenden Abschnitt skizziert wird, hat sich jedoch nicht verändert. Phasen, in denen die Studierenden sonst digitale Tools und Methoden in Präsenz ausprobiert hätten, mussten in diesem Semester in Einzelarbeit zuhause stattfinden. In den Sitzungen, die in regelmäßigen Abständen als Videokonferenz stattfanden, konnten sich die Studierenden dann über ihre Erfahrungen austauschen. Auf die Eindrücke, Erfahrungen und Produkte der Seminarteilnehmer*innen der letzten beiden Semester blickt dieser Blogbeitrag zurück.
Der Aufbau des Seminars
In den ersten drei Sitzungen von „BILDung visuell“ erwerben die Studierenden die Grundlagen für den Einsatz von Visualisierungen im DaZ-Unterricht. In von Expert*innen verschiedener Bereiche gestalteten Sitzungen werden sie mit Grundsätzen des Designs, lernpsychologischen Grundlagen und den rechtlichen Voraussetzungen des Einsatzes von Visualisierungen vertraut gemacht. In den darauffolgenden Seminarsitzungen lernen die Studierenden dann verschiedene Visualisierungstools und -methoden für ihren späteren Unterricht kennen, wie z. B. Mindmaps, Moodboards und Feedback-Systeme. Für einzelne Methodensitzungen konnten wieder Expert*innen gewonnen werden, die den Seminarteilnehmer*innen eine bestimmte Visualisierungstechnik näherbringen konnten wie z.B. die notizförmige Visualisierung von Lerninhalten in sog. Sketchnotes.
Eine dieser Visualisierungsmöglichkeiten wählen die Studierenden dann als Schwerpunkt ihrer Projektarbeit. Aus den vielen Tools und Methoden entscheiden sich die Studierenden dann für diejenige, die sie in einem selbst erstellten Erklärvideo vorstellen möchten. Die Expert*innensitzung zu Sketchnotes motivierte mich z. B. dazu, mich noch intensiver mit dieser kreativen und flexiblen Form der Visualisierung zu beschäftigen. Andere Gruppen wählten z. B. Kahoot!oder learningapps.orgals Gegenstand ihrer Auseinandersetzung. Ganz im Sinne der im Seminarkonzept angelegten Handlungs- und Produktionsorientierung üben sich die Studierenden in der Erstellung von Erklärvideos und lernen diese gleichzeitig als Methode für ihren zukünftigen Unterricht kennen. Für Schüler*innen wie Studierende hat diese Methode den Vorteil, dass Inhalte nicht nur konsumiert, sondern produktiv umgesetzt werden. Als inhaltliche Grundlage des Erklärvideos gestalten die Studierenden eine Methodenhandreichung , in der sie die Methode vorstellen, die lernpsychologischen, gestalterischen und rechtlichen Voraussetzungen erläutern und ein eigenes Best-practise-Beispiel für den Einsatz im Unterricht entwickeln.
Mit der Erstellung von Erklärvideos machte Justine Schöne, die sich im Rahmen ihrer Dissertation mit den Potenzialen von Erklärvideos als Bildungsmedium beschäftigt, die Studierenden in der ersten Werkstattsitzung vertraut. Gemeinsam mit den Studierenden wurden dabei Kriterien erarbeitet, welche die Qualität von Erklärvideos beurteilen lassen. Außerdem bekamen die Seminarteilnehmer*innen Tipps und Hinweise, worauf sie bei der Gestaltung ihrer Erklärvideos besonders achten sollten.
In der zweiten Werkstattsitzung beginnt die praktische Arbeit an den Erklärvideos. Zunächst stellen die Studierenden ihre Ideen im Plenum zur Diskussion, bevor sie anfangen, an ihren Erklärvideos zu arbeiten. In E-Portfolios reflektieren die Studierenden dann die Arbeit an ihren Erklärvideos, welche mit der Unterstützung durch die Dozierenden größtenteils selbstständig organisiert wird. Die Seminarteilnehmer*innen wünschten sich in diesem Zusammenhang eine zusätzliche Sitzung, um sich Feedback von den Lehrenden einzuholen. Im Rahmen eines Online-Treffens wurde dies ermöglicht.
Die von den Studierenden erstellten Erklärvideos verschwinden aber nach deren Präsentation nicht im Dateiendschungel fremder Festplatten, sondern sollen Lehrer*innen auf der Plattform des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerbildungmit digitalen Visualisierungstools und -methoden vertraut machen. Im Wintersemester 2019/ 2020 wurden die Erklärvideos im Rahmen einer Lehrerfortbildung im Landesinstitut vorgestellt und standen den Lehrer*innen im Nachgang online zur Verfügung. Aufgrund der Corona-Pandemie war eine Präsentation der Erklärvideos im Landesinstitut in diesem Jahr leider nicht in Präsenz möglich. Es wurde jedoch organisiert, dass die Studierenden auch in diesem Jahr ihre Erklärvideos im Rahmen der Lehrerfortbildung „Plötzlich DaZ“ des Landesinstituts präsentieren konnten, indem die Lehrer*innen per Videokonferenz zugeschaltet wurden. Darüber hinaus werden die entstandenen Videos wie im vorigen Jahr auf dem Landesbildungsserver veröffentlicht und sind somit für wissenshungrige Lehrer*innen zugänglich, die auf der Suche nach neuen, innovativen Methoden sind.
Die Perspektive der Studierenden auf die Projektarbeit
Die meisten Studierenden hatten vor den Seminaren noch keine Erfahrungen mit der Erstellung von Erklärvideos. Erfahrungsgemäß zeigte sich das zu Beginn der Projektphase noch in einer gewissen Skepsis. Viele Studierende zweifelten daran, Erklärvideos selber erstellen zu können, die den Anforderungen genügen. Das mag daran liegen, dass einige Studierende technikaffiner sind als andere und sich diesbezüglich mehr zutrauen. Einige Studierende fühlten sich dadurch etwas „ins kalte Wasser geworfen“, betonten aber, dass sie sich die notwendigen Fähigkeiten schnell aneignen konnten und die Dozierenden sie dabei tatkräftig unterstützten. Die Studierenden äußerten in ihren E-Portfolios jedoch mehrfach den Wunsch nach mehr Orientierung, z. B. in Form von Software-Tipps oder einer kurzen Einführung in ein bestimmtes Schnittprogramm. Dementsprechend sei insbesondere der technische Einstieg in die Produktion von Erklärvideos besonders schwierig gewesen. Vor allem an dieser Stelle nahmen die Studierenden dann auch die Hilfe der Dozierenden in Anspruch. Diese beschränkte sich jedoch in erster Linie auf Softwareempfehlungen und Unterstützung bei der Ideenfindung.
In ihren E-Portfolios hoben die Studierenden besonders häufig die mit der Präsentation und der Veröffentlichung der Erklärvideos verbundene Motivation hervor. Die Projektarbeit wurde von den Studierenden insbesondere aufgrund der Veröffentlichung im Anschluss besonders geschätzt:
„Gerade die praktische Anwendung und Umsetzung einer behandelten Thematik empfand ich als sinnvoll und motivierend, da man etwas produziert, was tatsächlich verwendet bzw. gezeigt wird und eben nicht nur eine Hausarbeit, die am Ende nur der/die Dozent*in liest."
Positiv bewertet wurde von den Studierenden weiterhin der Aufbau des Seminars und der einzelnen Sitzungen, der den Schwerpunkt, anstelle von bloßer Wissensvermittlung, klar auf das Ausprobieren und Reflektieren verschiedener Tools und Methoden legte:
„Selten konnte ich mich so sehr ausprobieren, wie in dieser Projektarbeit. An dieser Stelle möchte ich die Entscheidung zu dieser Freiheit würdigen, die der/die Dozent*in im Vorfeld der Veranstaltung getroffen haben. Die Studieninhalte sind meistens so sehr auf Informationsvermittlung ausgerichtet, dass ein prozesshaftes Ausprobieren meist nicht möglich ist. Diese Freiheit verlieh den Entscheidungen, die wir in der Partnerarbeit treffen mussten Gewicht. Der Umgang mit der damit einhergehenden Verantwortung äußerte sich in einem wesentlich gesteigerten Arbeitsaufwand von uns Teilnehmer*innen, allerdings war es ein Aufwand, den ich persönlich gern angegangen bin."
Da ich selbst bereits vor dem Seminar eigene Erklärvideos erstellt habe, startete ich mit mehr Vorwissen und Zuversicht in die Projektarbeit als die meisten meiner Kommiliton*innen. Trotzdem konnte ich in der Projektarbeit meine Fähigkeiten, insbesondere im Schneiden und Bearbeiten von Videos, deutlich ausbauen, was mir im anschließenden Schulpraktikum zugutekam. Die Gestaltung des Erklärvideos ist gleichwohl mit einem großen Aufwand verbunden, insbesondere die Koordination innerhalb der Projektgruppen kann sich mitunter schwierig gestalten. Meiner Einschätzung nach waren das daraus resultierende Produkt und die Erfahrung aber auf jeden Fall der Mühe wert. Ich freue mich schon darauf, einmal gemeinsam mit Schüler*innen weitere Erklärvideos erstellen zu können!
Die entstandenen Erklärvideos
Die Erklärvideos meiner Kommiliton*innen und unser Erklärvideo übertrafen meine Erwartungen über alle Maßen. Trotz aller anfänglichen Skepsis zeichnen sich die entstandenen Erklärvideos durch eine außergewöhnlich hohe Qualität aus, viele von ihnen machen den Eindruck, als hätten sie auch von etablierten Youtubern erstellt worden sein können.
Für die Produktion der Erklärvideos griffen die Studierenden besonders häufig auf vertonte PowerPoint-Präsentationen und Screencasts zurück. Darüber hinaus wurden auch die Online-Anwendung Powtoonund die App ProCreatezum Zeichnen von animierten Bildern und Comics verwendet. Zur inhaltlichen Ausgestaltung stellten die Studierenden in ihren Erklärvideos häufig Unterrichtssituationen, teilweise auch als Realfilm, nach, um das Potenzial der verschiedenen Tools und Methoden in bestimmten Unterrichtssituationen deutlich zu machen. Auf der Ebene des Schnitts bedienten sich die Seminarteilnehmer*innen verschiedenster Programme vom Windows Movie Maker über OpenShotund iMovie bis hin zu Final Cut Pro X. Die allermeisten Studierenden wählten eigenständig das für ihre Zwecke angemessene Schnittprogramm aus.
Die Teilnehmer*innen merkten an, dass ihnen vor allem die kleinen Video-Details die größten Schwierigkeiten bereiteten, so hatten sie in erster Linie mit kleineren Ton- und Bildfehlern zu kämpfen. Die Behebung solcher kleineren Fehler kann sich dann als äußerst schwierig erweisen, wenn das (fast fertige) Video wieder „auseinander- und zusammengefummelt“ werden muss.
Fazit
Die Eindrücke und Ergebnisse der Studierenden zeigen, dass der Projektcharakter des Seminars die Studierenden motiviert und sie diesen (im Gegensatz zu anderen Formaten, wie z. B. der klassischen Hausarbeit) als besonders gewinnbringend wahrnehmen. Ganz im Sinne der Handlungs- und Produktionsorientierung können sie dabei Dinge selbst ausprobieren und kennenlernen. Dies hat über die eigene Arbeit mit den mediendidaktischen Methoden und Werkzeugen hinaus auch die andere Möglichkeiten für die analytische Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Videos geschaffen. Dies zeigt nicht zuletzt auf, dass sich die Methodik der Videoerstellung durch die Studierenden auch außerhalb des Schulkontextes anbietet und damit die digitale Handlungs- und Produktions auch Eingang in weitere Hochschulseminare finden könnte.
So erwies sich diese intensive Arbeit mit Lernvideos auch für das digitale Semester als probates Mittel, um eine kollaborative und kreative Vertiefung der Inhalte als Studienleistung zu ermöglichen. Obwohl dieses Vorgehen bei der Online-Durchführung des Seminars weitaus mehr Absprachen benötigte, hatte sich diese praktische Auseinandersetzung bewährt. Insbesondere der Wechsel von synchronen und asynchronen Arbeitsphasen wurde von den Studierenden als positiv bewertet. Dank der medientechnischen Unterstützung des [D-3]-Teams konnten diese jederzeit Hilfe bei der Erstellung ihrer Erklärvideos in Anspruch nehmen.