Leitung: Prof. Matthias Ballod & Dr. Gunhild Berg
Die Ankunft in der Großstadt Berlin ist eine Erfahrung, die in den 2020ern zu Selfies reizt. In den 1920er Jahren weckt die rasch wachsende Stadt Berlin – Metropole, Moloch und melting pot zugleich – ein neues Lebensgefühl, das in den Roaring Twenties in originären Kunst- und Unterhaltungsformen in Musik/Tanz, Rundfunk, Kino und im Cabaret Ausdruck findet.
Das Seminar behandelt Romane der Schullektüreliste, die vom Ankommen im Berlin der 1920er Jahren erzählen: Erich Kästners „Emil und die Detektive“ und Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ (beide 1929). Sie stellen soziale Außenseiter in einer für sie fremden Gesellschaft der Großstadt in den Romanmittelpunkt: das Kind Emil aus der Provinz und den aus der Haft entlassenen Delinquenten Biberkopf. Um die Irritation und Konfrontation der ‚Fremdkörper‘ mit der Metropole erzählerisch adäquat darzustellen, finden die Romane Worte, die sie auf neuartige erzählerische Weise formen (u.a. Traumerzählung, Montage, stream of consciousness).
Das Seminar untersucht die modernen Ausdrucks- und Darstellungsweisen, die die Großstadterfahrung der Moderne erforderte, und fragt, wie diese Modernität von damals im Deutschunterricht von heute vermittelt werden kann. Dazu werden die Seminarteilnehmenden das Motiv der Ankunft in der Stadt Berlin selbst literaturdidaktisch modern gestalten: Die Studierenden werden eigene Medienprodukte erstellen (Audio, Foto, Video), die die literarischen Texte von Kästner, Döblin (evtl. auch Brussig) für die Behandlung im Deutschunterricht aufbereiten, und zwar mit den multimedialen Erzählmitteln und in den modernen (Massen-)Medien der Gegenwart (Podcasts, YouTube-Videos, Fotostorys, Twitter-/ Instagram- oder Snapchat-Storys u.a.).
Im Zentrum des Seminars stehen also zwei miteinander verbundene Fragen: Wie wird in den 1920ern und wie heute, in den 2020ern, modern erzählt? Wie können die damals in ihrer Zeit modern erzählten Texte mit heute modernen Möglichkeiten, z.B. mit multimedialen Erzähltechniken in Social Media-Formaten der Online-Massenmedien, im Deutschunterricht vermittelt werden?