Kompetenzorientierte Deutschlehrer*innenbildung nachhaltig digital gestalten: Die [D-3] Curriculumsarbeit

Die Ausbildung medienkompetenter, angehender Lehrer*innen braucht entsprechend gestaltete universitäre Lehrstrukturen und langfristig wirkende Angebote zum digitalen Lehren und Lernen. Das Projekt [D-3] verfolgt mit seinem Auftrag der Qualitätsentwicklung der Deutschlehrer*innenbildung (v.a. innerhalb der Fachdidaktik Deutsch) daher das Ziel, digitale Lehr-Lernformate für die Ausbildung zu entwickeln und nachhaltig in die Curricula einzubinden.

Der Arbeitsbereich ‚Curricularmanagement‘ setzt sich konkret mit Fragen der Studiengangentwicklung im Lehramtsfach Deutsch auseinander, begleitet diesen Prozess konzeptionell sowie administrativ und bereitet Lösungen zur Förderung digitaler Medienkompetenzen  sowie zur Verankerung digitalen Lehr-Lernens in den Modulstrukturen vor. Da die Curricula den wesentlichen Rahmen für die Ausbildung künftiger Lehrkräfte definieren und darin die Inhalte, Lernziele und ggf. auch Methoden angehender Lehrer*innen festlegen, kann und muss hier der Ort für die verbindliche Förderung digital versierter Deutschlehrer*innen sein.

Wissen, Anwendung und Reflexion als methodisch-konzeptioneller Rahmen

Den didaktischen Ausgangspunkt für die Curriculumsarbeit bildet die methodisch-konzeptionelle Trias Wissen – Anwendung – Reflexion, welche sich in einer „systematischen hochschuldidaktischen Perspektivierung von Lehren und Lernen“ begründet (Ballod & Stumpf, 2020, S. 6). Als Ort des Lehr-Lernens kommt der fachdidaktischen Ausbildung dabei eine besondere Aufgabe zu, bei der die Studierenden wissens-, anwendungs- und reflexionsorientiert zum Erwerb ihrer fachlichen Vermittlungskompetenzen befähigt werden.

Das [D-3] Projekt unterstützt den fachgerechten Einsatz digitaler Medien im Lehramtsstudium Deutsch in verschiedenen Wirkungsfeldern. Auf theoretischer Ebene dient ein im Projekt entwickeltes Kompetenzmodell dem (über-)fachlichen Einsatz und der Erprobung im Bereich der Lehre, Evaluation und der Curriculumentwicklung. Weiterhin ist [D-3] mit unterstützenden Aufgaben für die Lehrpraxis zur Förderung der Wissens-, Anwendungs- und Reflexionskompetenz Studierender sowie Dozierender betraut. Dazu zählen u.a. die Entwicklung und Bereitstellung einer differenzierten Wissensdatenbank bzw. eines Fragenpools innerhalb der Germanistik, welcher semesterbegleitend den Studierenden zum selbstgesteuerten Lernen zur Verfügung steht. Weiterhin konzipiert und erprobt [D-3] digital unterstützte Lehrveranstaltungen, u.a. nach Ansätzen wie Flipped Classroom, Lernen durch Lehren sowie thematisch variierender Projektarbeit. Dabei werden neuartige Prüfungsformen wie das handlungsorientierte Erstellen von Medienprodukten oder das reflexionsorientierte Schreiben von E-Portfolios eingeübt und die Bewertungspraxis durch das Bereitstellen von Leitfäden und Kriterienkatalogen unterstützt.


Kompetenzorientierte Studiengangentwicklung als dynamisch-systematischer Prozess

Damit sich die Ergebnisse der Theorie- und Praxisarbeit nachhaltig in den Curricula der Deutschlehrer*innenbildung niederschlagen, braucht es einen systematisch-dynamischen Prozess, der die verschiedenen Aspekte digitalen Lehr-Lernens berücksichtigt und unter Einbezug weiterer Kriterien in den Modulen der Fachdidaktik Deutsch verankert. Neben der Einbindung didaktischer Kriterien, spielen dabei auch strukturelle und prozessuale Faktoren eine zentrale Rolle bei der Studiengangentwicklung (Salden, Fischer & Barnat, 2012). Als multidimensionaler Entwicklungsvorgang setzt sie sich u.a. mit Fragen der Profilbildung, normativen Setzungen, Kompetenzorientierung, Learning Outcomes sowie organisationalen Abstimmungs- und Verhandlungsaufgaben auseinander. Insgesamt konnten im Rahmen der Studiengangentwicklung im Fach Deutsch sieben verschiedene Elemente ermittelt werden, deren Bedeutung und Zusammenhang erläutert werden soll:

Lehrpraxis

Lehrpraxis

Ein erster und zugleich fortwährender Umsetzungsschritt zur Remodellierung des Studienfaches Deutsch vollzieht sich im Rahmen der Konzeption, Erprobung und Evaluation digitaler Methoden innerhalb verschiedener Lehr-Lerneinheiten wie z.B. (Block- und Projekt-)Seminaren vollzieht. Bewährte Ergebnisse werden in einer Zwischendokumentation festgehalten, um später in die Neukonzeption einfließen zu können.

Praxisforschung

Praxisforschung

Als vorbereitende Maßnahme für die zweite Stufe ist es nützlich, grundlegende Forschungsliteratur zu den Theorien und Methoden des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien (u.a. digitale Didaktik bzw. Mediendidaktik, Medienbildung, didaktischer Einsatz von Voting- und Feedbackmöglichkeiten, E-Portfolios), der Hochschuldidaktik (u.a. das Modell ‚Constructive Alignment‘, der Paradigmenwechsel ‚Shift from teaching to learning‘) sowie Best-Practice-Beispiele zum Einsatz digitaler Methoden und zu den Möglichkeiten digital gestalteter Studienprogramme (der Lehrer*innenbildung) aufzubereiten.

Strategiepapiere

Strategiepapiere

Eine weitere vorbereitende Arbeit für die zweite Stufe bestand in der Durchsicht und Aufbereitung bildungspolitischer Papiere auf Bundes- und Länderebene. Zu nennen sind hier v.a. die KMK-Strategie Bildung in der digitalen Welt (2016), das Landeskonzept des Ministeriums für Bildung Sachsen-Anhalt (2018) zur Umsetzung dieser Strategie sowie hochschulpolitische Papiere (Zielvereinbarung zwischen MLU und dem Land Sachsen-Anhalt, Hochschulentwicklungsplan, Allgemeine und Fachspezifische Prüfungsordnungen sowie Modulhandbücher für das Fach Deutsch).

Modellcurricula

Modellcurricula

Ein Mustercurriculum (v.a. für die Fachdidaktik Deutsch) mit Änderungsvorschlägen sowie Leitfäden als Implementierungshilfe für die curriculare Überarbeitung der Rahmenstudien- und Prüfungsordnung, der Fachspezifischen Bestimmungen sowie der Modulhandbücher dient der Vorbereitung der finalen Abstimmungsprozesse, bevor die Dokumente in die universitären Gremien übergeben werden können. In die Konzeption fließen die vorher genannten Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer zentralen Ergebnisse in die Konzeption mit ein. Ebenso findet eine Abstimmung und Integration digitaler Kompetenzen durch ein im Rahmen des [D-3]-Projekts entstandenes Kompetenzmodell statt. Somit soll ein systematisches Implementieren sowohl digitaler Medienkompetenzen als auch mediendidaktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten über den Studienverlauf hinweg erfolgen und die entsprechenden Prüfungsformen sowie Lehr-Lernarrangements darauf abgestimmt werden.

Partizipation

Partizipation

Die Einbindung und Abstimmung mit den an der Ausbildung des Lehramtsfaches Deutsch beteiligten Dozierenden ist ein dauerhafter Bestandteil des Prozesses und findet seit Projektbeginn kontinuierlich statt. Durch die Entwicklung, Erprobung und das Bereitstellen digitaler Lehr-Lernszenarien sind die Lehrenden in die Praxis digitaler Methoden fortwährend einbezogen, sodass dadurch eine Art Identifikationskultur geschaffen wird. Auf der dritten Stufe sollen die entsprechenden Curricula mit den Beteiligten ergänzt und abgestimmt werden. Dabei geht es vor allem um die konzeptionelle Stimmigkeit in Hinblick auf strukturelle und didaktische Anforderungen.

Curriculare Implementierung

Curriculare Implementierung

Hierbei erfolgt die Einbindung curricularer Änderungen sowie die Bereitstellung struktureller Rahmenbedingungen unter Förderung der entstandenen Identifikationskultur. In diesem Schritt sollen die abgestimmten Veränderungen durch alle notwendigen Verwaltungsprozesse hindurch in den Curricula verankert werden. Damit wird angestrebt, dass sich die Veränderungen der Lehr-Lernkultur nachhaltig in der Lehramtsausbildung niederschlagen und die Ergebnisse langfristig gesichert werden.

Evaluation

Evaluation

Nach erfolgter Implementierung aller curricularer Änderungen ist eine anschließende, voraussichtlich sich wiederholende Lehrevaluation notwendig, um darauf vor allem in der Lehrpraxis eingehen und eventuell anschließende Nachjustierungen in den Lehrplänen vornehmen zu können.

Fachdidaktik Deutsch – digitale Medienkompetenzen ausbilden

Vor dem Hintergrund laufender Prozesse zur Studiengangentwicklung wird derzeit die fachdidaktische Ausbildung weiterentwickelt. Mit der systematischen Einbindung digitaler Lehr-Lerninhalte und -ziele können so digitale Medienkompetenzen über den Studienverlauf hinweg sowie die Abstimmung mit dafür geeigneten Prüfungsformen sukzessive gefördert werden.

Ein wichtiger Schritt zur Remodellierung der Fachdidaktik Deutsch besteht daher in der Integration digitaler Kompetenzen durch das im Rahmen des [D-3] Projekts entstandene Kompetenzmodell. Dadurch soll synoptisch untersucht werden, inwiefern entsprechende Inhalte und Lernziele noch angepasst bzw. erweitert werden müssen, um auf dieser Basis eine umfassende Neuausrichtung der Fachdidaktik vornehmen zu können. Damit soll dem derzeitigen Ausbildungsmissstand begegnet werden, dass Lehramtsstudierende bislang nur unzureichend während ihres Studiums mit digitalen Medien und Systemen in Berührung kommen und geringe praktische Erfahrungen mit Digitalisierung erwerben (Monitor Lehrerbildung, S. 18).

Damit die anvisierten Veränderungen greifbarer werden, sollen sie am Beispiel derzeitiger Entwicklungen der Fachdidaktik Deutsch ausschnitthaft skizziert werden:

Modul

Umsetzung auf Modulebene bzw. in der Lehrpraxis

Fachdidaktik I
(3.Fachsemester)

Bezeichnung

  • Grundlagen fachbezogenen Lehrens und Lernens

Funktion

  • Einführungsmodul → wissensorientiert

Einbindung digitalen Lehr-Lernens

  • sprach-, literatur-, mediendiaktische Methoden
  • sukzessiv wachsender Wissens- und Fragenpool für semesterbegleitendes, selbstgesteuertes Lernen und Üben

Fachdidaktik II   (4.Fachsemester)

Bezeichnung

  • Konzeption, Gestaltung und Reflexion von Fachunterricht

Einbindung digitalen Lehr-Lernens

  • praxisnahe Auseinandersetzung mit digitalen Methoden in den Schulpraktischen Übungen und den dazu gehörigen Begleitseminaren
  • Angebote für digital aufbereitete Projektseminare (siehe auch Fachdidaktik III)

Funktion

  • Praxismodul → handlungsorientiert

Fachdidaktik III  (5.Fachsemester)

Bezeichnung

Fachdidaktisches Urteilen und Forschen sowie Weiterentwickeln von Praxis

Funktion

Vertiefungsmodul → reflexionsorientiert

Einbindung digitalen Lehr-Lernens

  • Facheigene Projektseminare zum Lehren und Lernen mit und über Medien, z.B. „Social Media im Deutschunterricht“, „Kollaboratives Arbeiten im Deutschunterricht“
  • (medien-)didaktische Weiterentwicklung des Unterrichtsfaches Deutsch
  • Einsatz von Reflexionsportfolios als Prüfungsformat

Sobald die letzten Anpassungen an den Modulen vorgenommen wurden, kann voraussichtlich ab dem Wintersemester 2020/2021 die fachdidaktische Ausbildung in überarbeiteter Form durchgeführt werden. 

Fazit und Transferpotential

Perspektivisch sollen die angestoßenen Entwicklungen einen mehrfachen Nutzen ausweisen: In erster Linie dienen sie der Überarbeitung der fachdidaktischen Ausbildung als ein wesentlicher Baustein der Lehramtsausbildung des Faches Deutsch. Vor dem Hintergrund bereits bestehender Kooperationen mit der Fachwisenschaft Deutsch, aber auch anderen an der Lehramtsausbildung beteiligten Fächern, kann ebenso eine Grundlage für den Prozess weiterer Studiengangentwicklungen im Fach Deutsch, aber auch darüber hinaus, geschaffen werden. Die medienkompetente Ausbildung angehender Lehrkräfte ist aufgrund der zahlreichen bildungspolitischen Forderungen und den tatsächlichen berufspraktischen Anforderungen in der digital geprägten Welt eine drängende und wichtige Herausforderung für alle beteiligten Akteurinnen und Akteure. Mit ihr können aber sowohl konzeptionelle als auch institutionelle Voraussetzungen als wirkungsvolle Transferleistung für die Weiterentwicklung der ersten Ausbildungsphase geschaffen werden, denn: zukunftsfähige Lehrer*innenbildung ist (auch) eine Gemeinschaftsaufgabe!

Quellen

  • Ballod, M., Stumpf, S. (2020). Digitale Didaktik im Lehramtsstudium. Lehre gestalten, Kompetenz entwickeln, Transfer fördern. Das Modellprojekt [D-3] https://www.e-teaching.org/etresources/pdf/erfahrungsbericht_2020_ballod-stumpf_digitale-didaktik.pdf [18.06.2020]
  • Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). (2018). Monitor Lehrerbildung. Lehramtsstudium in der digitalen Welt. Professionelle Vorbereitung auf den Unterricht mit digitalen Medien?! Gütersloh: Bertelsmann.
  • Salden, P., Fischer, K., & Barnat, M. (2016). Didaktische Studiengangentwicklung. Rahmenkonzepte und Praxisbeispiel. In T. Brahm, T. Jenert, & D. Euler (Hrsg.), Pädagogische Hochschulentwicklung. Von der Programmatik zur Implementierung. Wiesbaden: Springer.