Tool des Monats: mBook

Ob Schulbücher irgendwann digital werden, muss vermutlich nicht mehr diskutiert werden. Die Digitalisierung ist gekommen, um zu bleiben. Was wir uns jetzt fragen sollten: Wie sehen Schulbücher der Zukunft aus? Wer produziert sie? Was können sie? Wie werden sie vertrieben?
Eine mögliche Antwort bietet das mBook von Cornelsen. Es ist ein multimediales, digitales Schulbuch, das schon jetzt kostenlos getestet werden kann. Das mBook gibt es bereits für viele Fächer, darunter auch für Deutsch in der Sekundarstufe I und II. 
Den Anfang hat das mBook Geschichte gemacht. Es startete als universitäres Projekt des Instituts für digitales Lernen, das neue Methoden und Erkenntnisse der Geschichtsdidaktik mit dem Potenzial der Digitalisierung verknüpfen sollte. Es hat einen sehr reflexiven Ton, so stellen sich die Autor*innen am Anfang ihres Kapitels in Videoform vor, um ihre Ausgangslage, Annahmen und Hintergründe zu erläutern. Anfangs als OER verfügbar, hat  Cornelsen im Jahr 2017 das mBook Geschichte (und einige weitere Ausgaben) erworben. Seitdem sind diese mBooks über Cornelsen  für Lehrkräfte immer noch frei verfügbar. Lediglich das mBook Russlanddeutsche Kulturgeschichte ist noch auf der ursprünglichen Seite verfügbar.
Cornelsen startete ab 2018 damit, auch ihre eigenen Schulbücher als mBooks (dann bereits als gesicherter Markenname) herauszubringen und für Lehrkräfte kostenlos bereitzustellen. Wir haben uns die mBooks für das Fach Deutsch einmal angeschaut und getestet. Was kann so ein digitales Schulbuch? 
Wir schauen auf die Aspekte, mit denen Cornelsen selbst ihre mBooks bewirbt. Die wichtigsten Features lauten demnach: multimediale Materialien, interaktive Übungen, intuitive Bedienung und Abstimmung auf den Lehrplan . Wir vergleichen die Features des mBooks dabei mit den Potenzialen digitaler Lehrmittel nach Döbeli Honegger et al. in ihrem Expertenbericht Lehrmittel in einer digitalen Welt.

Multimediale Materialien

“Kein Jagen und Sammeln mehr” – so der Werbespruch für das mBook. Es gibt jetzt vielfältige Medien direkt im Buch, die dort didaktisch eingebettet sind. 
Alles, was im Browser angezeigt werden kann, kann auch ins mBook eingepflegt werden. Vorbei mit kleinen Bildern im Schulbuch, auf denen die Pixelrate jedes Erkennen unmöglich macht. Bilder können jetzt auch vergrößert werden! 
Ein kleinen Haken gibt es da allerdings: Das mBook kann nicht heruntergeladen , sondern muss immer online verwendet werden. Auf der FAQ-Seite empfiehlt Cornelsen eine Internetverbindung von mindestens 50 MBit/s. Kein Wunder, dass mein Browser bei der 16 MBit-Leitung öfter mal meckerte: “Diese Webseite verlangsamt ihren Browser.” 
Ob die durchschnittliche WLAN-Ausstattung eines deutschen Klassenraumes diese Verbindung gewährleisten kann, ist  fraglich, denn Schulbücher werden ja meist von der ganzen Klasse parallel genutzt. Die schlechte Netzanbindung von Schulen ist allerdings nicht Cornelsens Verantwortung, doch eine Möglichkeit, Medien offline zu speichern, wäre eine pragmatische Hilfe.
Döbeli Honegger et al. sehen multimediale Inhalte als große Chance, denn die lernförderliche Wirkung ist schon lange bekannt (vgl. ebd. S. 42). Und Plattformen wie das mBook können multimediale Inhalte nicht nur ohne Medienbruch präsentieren, die Schüler*innen können sie auch eigenständig wiederholen. Weg von der CD, die nur die Lehrkraft in den CD-Spieler legen darf, nun können sich die Schüler*innen die Hörverstehensübung auch zuhause nochmal anhören, lauter machen, pausieren – all die schönen Möglichkeiten nutzen.
Da das mBook browserbasiert ist, kann es auch mit anderen Tools verwendet werden, mit denen die Schüler*innen vertraut sind. Die Schrift kann durch Zoomen vergrößert und verkleinert werden. Text kann mit Suchfunktionen gesucht und gefunden werden. Der Text kann Text kopiert und zum Beispiel automatisch übersetzt werden. Die Schüler*innen von heute kennen sich im Internet aus und können so auch das mBook noch weiter ihren Bedürfnissen anpassen.

Interaktive Übungen

Das mBook ist interaktiv: Es gibt moderne Aufgabenformate mit Selbstüberprüfung, darunter fallen dann zum Beispiel Lückentexte und Schreibaufgaben. 
Wenn Lückentexte als moderne Aufgabentypen betitelt werden, hört mensch im Hintergrund schon Axel Krommer aufstöhnen. Was von außen digital aussieht, innen aber eher Skinners teaching machines gleicht, nennt er palliative Technik. Analoges wird nicht grundlegend im Sinne der Digitalisierung geändert, sondern nur digital ummantelt.
Und auch Döbeli Honegger et al. schreiben in Lehrmittel in einer digitalen Welt davon, dass Schüler*innen fortan keine automatisierbaren Aufgaben mehr lernen sollten, sondern das, was darüber hinaus ginge (vgl. ebd. S. 17). 
Die bloßen Schreibfelder unter den Aufgabenstellungen machen das mBook also noch nicht modern, doch sie sind ein guter Anfang, um tatsächlich interaktiv zu werden. So könnten in Zukunft die Schüler*innen vielleicht kollaborativ Schreibfelder in Gruppenarbeiten nutzen. Oder aber sie könnten Antworten anderer Schüler*innen sehen und kommentieren, um ein Peer-Feedback durchzuführen. 
Aber auch an den Aufgaben mit automatisierter Selbstkontrolle ist nicht alles schlecht, Döbeli Honegger et al. sehen das auch als Potenzial. So gehen gerade differenzierte und mehrstufige Rückmeldungen über die Möglichkeiten von ‘einfachen’ Lösungsschablonen hinaus. Rückmeldungen von KI-Systemen werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. (vgl. ebd. S. 42)

Intuitive Bedienung

Das mBook braucht keine große Einweisung oder ein erweitertes Technik-Verständnis, es funktioniert so einfach wie das Internet. Der Aufbau ist wie versprochen sehr einfach: In der Mitte sind Text, Bilder, Videos, Aufgaben und alles weitere. Die Pfeile links und rechts navigieren durch die Kapitel. Auf der linken Seite gibt es auch ein Ausklappmenü, das eine verlinkte Kapitelübersicht zeigt, ähnlich einem PDF-Reader. Auf der rechten Seite sind zwei Ausklappmenüs: Die drei Punkte führen zum QR-Code-Generator, Tools wie einem beweglichen Lineal, Notizen und der Hilfe. Das Symbol gestapelter Blätter führt zu den Sammlungen. Die Sammlungen sind das einzige, was sich nicht ganz intuitiv erschließt. Hier können Lehrkräfte ausgewählte Seiten zusammenstellen und den Schüler*innen über einen Link oder QR-Code zur Verfügung stellen. Ein paar Seiten überspringen, ohne die Schüler*innen abzulenken? Kein Problem! Zwischendurch einen Exkurs aus dem Methoden-Kapitel einfügen? Alles klar!

Durchgeklickt: Wie sieht das mBook von "innen" aus?

Auf den Lehrplan abgestimmt

Da das mBook auf den bestehenden Schulbüchern aufbaut und ihre Inhalte in eine neue Form bringt, ist es natürlich perfekt für alle, die mit den Schulbüchern bisher sehr zufrieden waren. Das mBook ist dabei 3 in 1 – denn in ihm wurden Schulbuch, Arbeitsheft und Teile der Handreichung in einem Produkt vereint. So bekommt die Lehrkraft in ihrer Ausgabe die didaktischen Hinweise und Tipps gleich in das entsprechende Kapitel eingebettet. Die gewohnte Binnendifferenzierung funktioniert hier durch aufklappbare Tipps, die Schüler*innen stärker unterstützen können. 
Im Vergleich zwischen mBook und Schulbuch ist aufgefallen, dass sie sich sehr ähneln. Im Aufbau sind zum Beispiel die Kapitel und Farbcodes der Bücher gleich geblieben. So kann ein nahtloser Übergang vom Schulbuch zum mBook geschaffen werden.
Oft wurden die Beispiele geändert- so ist der Einstieg in das Kapitel “Helden und Vorbilder” im Deutsch-mBook der Klasse 8 nicht mehr ein Bild von Schüler*innen, die andere davon abhalten, sich zu prügeln, sondern ein animiertes Bild von einem Feuerwehrmann in den Trümmern des World Trade Centers. Um zu überlegen, was Helden sind, wird nun auch nicht mehr über Rosa Parks, sondern eine um die Welt segelnde Teenagerin (nein, eine ohne gesellschaftskritische Umweltschutzziele) informiert. Der Zweck dieser entpolitisierenden Änderungen erschließt sich dabei nicht. 
Jedoch ist es im mBook technisch sehr viel einfacher möglich, neue Inhalte einzufügen oder zu ändern. Es muss nicht gleich ein neues Buch gedruckt werden, ein Update reicht. Das sehen auch Döbeli Honegger et al. als Chance digitaler Lehrmittel (vgl. ebd. S. 39). Doch muss mensch dabei beachten, dass die Erwartungshaltung nicht unrealistisch wird: Auch Inhalte für digitale Lehrmittel müssen einen redaktionellen Prozess durchlaufen und überprüft werden, weshalb das mBook nicht brandaktuell sein kann oder sollte.

Fazit

Warum sollten Lehrkräfte das mBook ausprobieren? Zugegeben, es ist nicht revolutionär anders oder neu – aber das will es auch gar nicht sein. Es ist ein qualitativ hochwertiges Lehrmittel, das das gewohnte Schulbuch mit einigen digitalen Tools erweitert. Wie in diesem Beitrag aufgezeigt, hat es das Potenzial, noch sehr viel nützlicher und moderner zu werden. 
Und das will es auch – Cornelsen lässt die mBooks von Lehrkräften und Klassen testen, holt sich ausführliches Feedback ein und verbessert es stetig. So arbeiten sie gerade an einer Funktion, die Lehrkräften das Abrufen von Antworten der Schüler*innen ermöglicht. Denn genau das haben sich die Tester*innen gewünscht. 
Es lohnt sich also, das mBook im eigenen Unterricht anzuwenden, denn zum einen bringt es schon jetzt neue Möglichkeiten und Funktionen gegenüber einem klassischen Schulbuch, aber vor allem bietet es die Möglichkeit, es nach den eigenen Bedürfnissen mitzugestalten.

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